Von Hansjörg Knecht, Nationalrat, Präsident HEV Aargau, Leibstadt
– «Die Jugend wird wieder politisch. (…) Die Schülerstreiks sind die grösste Jugendbewegung seit Jahrzehnten.» Solche und ähnliche Sätze über die Klimademos liest man in den ersten Monaten des Jahres in vielen Schweizer Zeitungen. Als Politiker freut es mich, wenn junge Menschen sich einem der prägenden Themen unserer Zeit annehmen und laut, ja übereifrig auf ihre Anliegen aufmerksam machen. Über das Ziel hinaus schiesst aber auch unsere Landesregierung mit ihren Vorstellungen über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Zu diesem Zweck soll das CO2-Gesetz totalrevidiert werden. Der Nationalrat hat die Revision abgelehnt.
Der Bundesrat will die bestehenden Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen weiterführen und zum Teil verschärfen. So soll die CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe erhöht werden, auf maximal 210 Franken pro Tonne CO2. Umgerechnet auf Heizöl, wären das 52,5 Rappen pro Liter – eine Verdoppelung der heutigen Belastung und ein hoher Preis für die Tatsache, dass der Schweizer Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen knapp 1 Promille beträgt. Trotzdem haben wir einmal mehr den Musterschüler gespielt und uns vor fast 20 Jahren Reduktionsziele auferlegt, die erstens gut erreicht werden und deren Nichterreichen zweitens sanktioniert würde. Im Gegensatz zu vielen anderen, viel grösseren Staaten, die viel mehr CO2 ausstossen, haben wir unsere Hausaufgaben erledigt.
Der Gebäudebereich sticht besonders positiv hervor. Er hat sein sektorielles Zwischenziel 2015 mit einer Emissionsreduktion von 26 Prozent übererfüllt. Ein beachtlicher Erfolg, wenn man bedenkt, dass die Wohnfläche in derselben Zeit um gleich viele Prozentpunkte zugenommen hat. Es ist deshalb unverständlich, dass der Gebäudesektor im CO2-Gesetz mit einem neuen, utopischen Zwischenziel gegängelt werden soll, das die langen Erneuerungszyklen verkennt. Wenn die Treibhausgasemissionen bis 2026/27 gegenüber dem Stand von 1990 halbiert werden müssen, bedeutet dies faktisch ein Verbot von Ölheizungen. Realistisch ist ein Absenkziel um 40 bis 50 Prozent bis 2030. Mit den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) 2014 ist der Gebäudesektor klimapolitisch absolut auf Kurs. Seitens Bund braucht es weder Grenzwerte noch Gebäudestandards.
Ich teile die Erkenntnis, dass die menschlichen CO2-Emissionen einen – wenn auch sehr kleinen – Einfluss auf die aktuelle globale Erwärmung haben. Dass sich auch die Schweiz an der Senkung der CO2-Emissionen beteiligt, halte ich insbesondere deshalb für richtig, weil wir so unsere Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen reduzieren. Doch eine wirksame Klimapolitik muss global greifen. Unsere drohende nationale Überregulierung nützt diesbezüglich nichts, sondern schadet im Gegenteil der Wirtschaft und den Haushalten. Der Verlust von Wettbewerbsfähigkeit durch hohe Abgaben führt zu weniger Wachstum – und weniger Umweltschutz, denn: Nur ein wohlhabendes Land hat die Mittel, an einer emissionsärmeren Welt mitzuarbeiten.